Erfüllung der GoBD-Bedingungen gegeben?

Hallo Jochen,

die Antwort ist vermutlich, wie in so vielen Rechtsfragen, ein eindeutiges „es kommt darauf an“.

Die GoBD decken ja ein weites Feld ab, und vieles, was einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb angeht, kann mit Dolibarr sehr gut realisiert werden.

Ich sehe aber momentan u.A. folgende Punke:

Kein nachträgliches Ändern von Rechnungen:

Mit Aktivierung des entsprechenden Loggings („Unveränderliche Archive“) werden die wesentlichen Inhalte einer Rechnung unveränderlich festgeschrieben. Das ganze ist wohl mit der französischen Finanzverwaltung abgeklärt. Man muss an dieser Stelle aber klar sagen: Das eigentliche Rechnungsdokument (pdf) wird auf diese Weise nicht revisionssicher archiviert. Wie kritisch dass im Rahmen einer deutschen Steuerprüfung ist, hängt wohl von den Gesamtumständen ab.

Einschub: Eine revisionssichere (und DSGVO-konforme, das ist auch noch so ein Punkt…) Archivierung geschäftlicher E-Mails ist ja ohnehin erforderlich. Dort sollten sich dann die Original-PDFs auf jeden Fall wiederfinden, sofern per E-Mail versandt.

Ansonsten kann man noch ein paar Einstellungen vornehmen (Parameter unter Erweiterte Einstellungen):

  • INVOICE_CAN_NEVER_BE_REMOVED auf 1
  • PDF_USE_1A auf 1 (PDFs im Archivierungsstandard PDF/A generieren)
  • INVOICE_DISALLOW_REOPEN auf 1 (Rechnung kann nicht wieder in Zustand DRAFT gesetzt werden)

Eine mögliche Herausforderung ist die fehlende Historisierung der Adressdaten von Geschäftspartnern: Ändert man später die Adresse, könnte man aus den alten Rechnungsdaten eine neue PDF-Rechnung mit der geänderten Adresse generieren. Wenn aber das unveränderliche Logging und eine Archivierung der ausgehenden E-Mails erfolgt, sollte das m.E. unproblematisch sein, da ja die Veränderungen nachvollziehbar wären

Buchaltung

Die Buchhaltung von Dolibarr würde ich zur Zeit noch nicht als führendes System einsetzen, sondern die Transaktionsdaten aus Dolibarr in ein anderes Buchhaltungsprogramm exportieren. Gerade für Deutschland fehlt da noch zu viel:

  • Schnittstellen zu Banken und Zahlungsdienstleistern für den Abruf von Kontodaten
  • Umsatzsteuervoranmeldung incl. der geforderten elektronischen Datenübermittlung
  • kein Jahresabschluss
  • keine Anlagenbuchhaltung mit Abschreibungen
  • kein DATEV-Export für den Steuerberater
  • kein GoBD-Export für die Steuerprüfung

In Frankreich läuft derzeit eine Crowdfunding-Kampagne, um das Buchhaltungsmodul deutlich aufzuwerten, das betrifft aber natürlich nicht spezifisch deutsche Anforderungen.

Fazit

Ich habe mir kürzlich nahezu alle relevanten Open Source ERP-Systeme angesehen und ich halte in Punkto Bedienbarkeit und Funktionsumfang Dolibarr für das derzeit beste System. Was die GoBD-Aspekte angeht scheint mir Dolibarr grundsätzlich einsatzfähig, wenn man sich bezüglich der Prozesse die entsprechenden Gedanken macht.

Disclaimer: Dies ist meine unverbindliche Privatmeinung - ich bin weder Steuerberater noch Rechtsanwalt, würde aber ggf. empfehlen, mit selbigen Kontakt aufzunehmen und die eigene Situation zu besprechen.

Im deutschen Forum geht es ja eher etwas ruhiger zu. Ich fände es aber klasse, wenn zu diesen Fragen ein intensiverer Austausch angestoßen werden könnte.

Beste Grüße

Joachim